Von der Basis zur Leitung
25 Jahre sind es noch nicht , aber mittlerweile doch schon fast 17 , dass ich sagen darf: Ich bin Allgemeinmedizinerin und arbeite in einer Suchthilfeeinrichtung. Ich bin im Dialog - und immer noch bin ich froh drum!
Schon während meines Medizin- Studiums, das ich in Wien begonnen und in Zürich abgeschlossen habe, hatte ich erste berufliche Kontakte mit dem Thema Drogenkonsum und den Herausforderungen bzw. Grenzen der Hilfesysteme. Als studentische Mitarbeiterin durfte ich bei einem der ersten Spritzentausch-Projekte Europas ZIPP Aids am Zürcher Platzspitz mitarbeiten. Das Thema Substanzkonsum, Abhängigkeitsentwicklung, das „Warum-und-wie-Weiter“ hat mich im professionellen Kontext seither nicht mehr losgelassen. Und so war und ist es für mich nicht verwunderlich, dass ich nach Abschluss meiner Ausbildungen, im Rahmen derer ich auch fast zwei Jahre in einer psychiatrischen Klinik gearbeitet habe, und einem Umweg über einige Praxis als Hausärztin beim Verein Dialog gelandet bin – und vorhabe, da auch zu bleiben.
Zentral in unserer Arbeit ist das Interesse an Menschen, an den Lebensgeschichten unserer Klient_innen, an ihren Frage- und Problemstellungen. Kommunikation, In-Beziehung-Treten und Dranbleiben sind wichtige Aspekte. Alle unsere Angebote sind interdisziplinär gestaltet. Ich biete suchtmedizinische Behandlung, treffe Entscheidungen aus meiner eigenen fachlichen Kompetenz in Interaktion mit der der anderen – Zusammenarbeit von Allgemeinmedizin, Psychiatrie, Sozialarbeit und Psychologie. Sucht ist eine multifaktorielle Erkrankung und braucht die Lösungskompetenz aus unterschiedlichen Richtungen.
Lange und gerne war ich Mitarbeiterin an der Basis, hab mich wohlgefühlt in unterschiedlichen Teams in unterschiedlichem Kontext. Für mich ist nach wie vor die operative Arbeit mit meinen Patient_innen das Wichtigste. Doch irgendwann wollte ich mehr, mehr Teilhabe an Prozessen, mehr Verstehen über die Hintergründe und Zusammenhänge in unseren Strukturen, an Entscheidungsprozessen beteiligt sein. Ich wollte mitbewegen und -entwickeln. So habe ich 2015 motiviert und neugierig die ärztliche Leitung unseres Standortes „Sucht und Beschäftigung“ SUB übernommen. Auch als Leitungsperson bleibe ich Teil des Teams, wir leben eine ziemlich flache Hierarchie. Und ich habe das „Leitungsteam“ dazubekommen. Die Vermischung aus medizinischem Tun und ökonomischem Verständnis war und ist nicht immer leicht. Die Strukturen hinter unseren Angeboten sind komplex und kompliziert. Der Abgleich zwischen fachlich-inhaltlich Sinnvollem und finanziell Möglichen schwierig, die organisatorischen Herausforderungen nicht immer spannend. Fordern ist einfacher, wenn ich die Ressourcen im Budget nicht kenne. Kritisieren ist leichter, wenn ich nicht meinen Teil zur Lösung beitragen muss.
Und doch – es ist aus meiner Perspektive richtig und sehr sinnvoll, sich nicht nur für unsere Klient_innen sondern auch für die Strukturen, die hinter unseren Angeboten stehen, zu engagieren und einzusetzen.
Ich bleib dabei und würde es wieder tun!
Maria Kofler, Allgemeinmedizinerin und ärztliche Leitung im SUB